Grüne Städte für die Umwelt
Stadt gegen Natur oder Natur und Stadt? Nur eine kleine Nuance, die beschreibt, wie sich die Haltung zur Natur verändert hat. Ja, vor 100 bis 200 Jahren hiess es: weg von der Natur und vom Land – ab in die Stadt! Das Leben im ländlichen Raum war nicht immer einfach und im Zuge der Industrialisierung suchten viele in den Städten, die für Fortschritt standen, ihr Glück. Doch die Urbanisierung hatte auch Schattenseiten, sie richtete sich oft gegen die Natur: Wo Häuser und Fabriken aus dem Boden schossen, mussten grüne Wiesen und Wälder weichen.
Das Stadtleben ist aus praktischen Gründen (Arbeit, Schulen, Freizeitangebot, Ausgang und vieles mehr) bis heute gefragt. Mit zunehmender Verdichtung ist aber auch der Wunsch nach Auszeit und frischer Luft gestiegen. Hektik, Abgas, viele Leute und Hitze können aus der Stadt einen anstrengenden Ort machen. Daher wollen viele wieder mehr aufs Land, in die Berge und in die Wälder, um zu entspannen und Energie zu tanken! Zu Recht, die wohltuende Wirkung der Natur auf die geistige, emotionale und körperliche Gesundheit ist weitgehend bewiesen.
Stadtnatur – Hand in Hand
Wie wäre es daher mit Natur und Stadt? Absolut! Die Begrünung von Siedlungen sollte zu den obersten Prioritäten bei der Stadtplanung gehören, denn Pflanzen aller Art tragen zu einem verbesserten Klima bei: Stadtgärten, Pärke und andere Grünflächen können vieles bewirken und nehmen als Erholungszonen einen wichtigen Platz ein. Mehr Natur in der Stadt bedeutet auch: Nachhaltigere Entwicklung und Förderung der Biodiversität – zwei ausserordentlich wichtige Themen, die auch in der Agenda 2030 für nachhaltigere Entwicklung der UNO stehen. 17 Nachhaltigkeitsziele gilt es für die UNO-Mitgliedstaaten bis 2030 zu erreichen, denn die heutige Hoffnung auf eine bessere Zukunft, gestaltet sich im Einklang mit der Natur und nicht gegen sie.
Die verheerenden klimatischen Auswirkungen haben dies klar gezeigt. Doch Bevölkerungswachstum, mehr Agglomerationen, steigende Nachfrage nach Wohnungen und kommerziellen Räumen erschweren das Streben nach Stadtbegrünung, da immer mehr Grünflächen schwinden. Wie ist es möglich, diese Problemstellungen zu lösen?
Wohlfühloasen für Menschen, Flora und Fauna
Die gute Nachricht: In überbauten Gebieten kann vieles getan werden! Denn unzählige heimische Tier- und Pflanzenarten leben auch auf dicht besiedeltem Gebiet. Pärke, Alleen, Stadtgärten, aber auch Dächer, Fassaden, Parkplätze, Balkone und viele andere Orte können ihnen Lebensräume bieten, sogar auf kleinster Fläche.
Aufgrund der schwindenden Grün- und Freiflächen ist es umso wichtiger die ökologische Qualität des verbleibenden Grüns im Siedlungsraum aufzuwerten und die Lebensräume besser miteinander zu vernetzen. Mit nachhaltiger Entwicklung und mehr Biodiversität werden für uns Menschen wichtige Ergebnisse erzielt, die regulierend wirken: Temperaturausgleich (weniger Wärmeinseln), Luftfilterung (Feinstaub und Gase), Auffangen von Regenwasser (weniger Überschwemmungen), mehr Erholung für die Bewohner.
Nur gewusst wie! Ja, was ist denn gemeint mit ökologischer Aufwertung und besserer Vernetzung? Und was können wir dazu beitragen?
1. Ökologischer Ausgleich
Ökologischer Ausgleich oder ökologisch aufwerten heisst, bestehende Frei- und Grünflächen wie zum Beispiel in Siedlungen, Quartieren, Firmenarealen oder öffentlichen Anlagen qualitativ zu verbessern, damit die heimische Biodiversität (Artenvielfalt) wieder Raum findet. Ein einfaches Beispiel dafür ist der Rasen.
1.1 Rasen oder Wiese? Grün ist nicht gleich grün!
Wenn auch die wunderschönen kurzen Rasenflächen gewisser Pärke viel Grün bieten, sind sie ökologisch nicht optimal! Ein perfekter Rasen benötigt intensive Pflege, viel Wasser und macht zum Teil auch den Einsatz von Spritzmitteln nötig, was wiederum das Grundwasser belastet.
Natürlich ist eine solche Grünfläche noch immer besser als versiegelter Boden, doch muss eine Grasmonokultur nicht unbedingt sein. Ungedüngte Kräuter- oder Blumenrasen sind widerstandsfähiger, abwechslungsreicher und brauchen weniger Pflege. Auch für den eigenen Garten oder andere Grünzonen heisst es: Weniger Rasenmähen, damit Gräser und Pflanzen wieder wachsen, natürliche Umgebung entsteht, Biodiversität gefördert und zu alledem auch noch Energie und Mühe gespart wird. Tönt das nicht gut?
Hier ein paar Tipps zur Optimierung:
- An Hängen und anderen nicht viel benutzten Orten die Wiese wachsen lassen!
- Seid kreativ! Muss der Rasen an gewissen Orten kurz sein, ist das nicht überall nötig – Wieseninseln oder Bandstreifen mit hohen Pflanzen sind für Schmetterlinge und Insekten wunderbare Lebensräume!
- Nur alle drei bis vier Wochen mähen, ergibt schon eine viel grössere Pflanzenvielfalt.
- Nicht düngen!
Die Umgestaltung vom Rasen zu einer Wiese oder generell ökologische Aufwertung von Monokulturen ist nur ein Element – wenn auch ein wichtiges – mit der Biodiversität und nachhaltige Entwicklung gefördert werden können.
1.2 Einheimische Pflanzen, Sträucher und Bäume
Ihr liebt eure Hortensien über alles? Eure Palme verleiht dem Garten den ersehnten südlichen Touch? Wenn sich auch exotische Gewächse grosser Beliebtheit erfreuen, sind es einheimische Wildpflanzen, Sträucher und Bäume die den Wildtieren (Insekten, Vögel, Säugetiere, Amphibien und Reptilien) Nahrung, Schutz und Lebensraum bieten. Und die Artenvielfalt der Tiere hängt von der Bandbreite einheimischer Pflanzen ab! In landwirtschaftlich genutzten Zonen haben Tiere es schwer, da dort Monokultur vorherrscht und oft Dünger und Insektizide eingesetzt werden.
Und ganz wichtig: Nur einheimische Gehölze garantieren die volle Vernetzung mit Bodenlebewesen, Pilzen wie auch Begleitpflanzen und bieten Lebensräume für die Tierwelt, die mit diesem Naturmilieu verbunden ist. Exotische Büsche, Sträucher oder Bäume sind mit unserem Ökosystem nicht genügend verknüpft und können diese Aufgabe nur bedingt oder überhaupt nicht erfüllen. Ist das nicht spannend?
Hier ein paar Beispiele einheimischer Wildgewächse und ihre Funktion im Ökosystem:
- Weissdorn: Über 160 Insektenarten finden in diesem Strauch Lebensraum.
- Schwarzdorn: Der dichte Wuchs erlaubt es Vögeln zu brüten.
- Holunder oder Vogelbeere: liefern Beerennahrung.
- Wildrosen: Brauchen keine besondere Pflege und sind wertvolle Schutzgehölze wie auch eine Nahrungsquelle (in Form von schwarzen oder roten Hagebutten) für viele Tierarten.
- Bergwaldrebe (Clematis Alpina): Kletterpflanze mit zierlichen Blüten - eine wahre Nektarquelle für Bienen und Schmetterlinge!
Gibt euch schon ein paar Ideen, oder?
Daher:
- Erkundigt euch, welche Pflanzen, Sträucher oder Bäume am besten zu eurer Grünfläche passen und gestaltet sie möglichst naturnah!
- Habt ihr keinen Garten, bieten auch Balkone Gelegenheit, einheimische Pflanzen oder Wildblumen zu kultivieren. Für versiegelte Böden wie Terrassen oder Vorhöfe: grosse Töpfe, Hochbeete, Blumenkästen oder – treppen usw. bieten Pflanzen oder Sträuchern einen Lebensraum und tragen zur Artenvielfalt bei.
- Städte bieten Gärten an, wo auch mitten in der Stadt Gemüse und Obst angebaut werden können. So könnt ihr beim Wandel zur grünen Stadt eine aktive Rolle übernehmen, denn auch ein Stadtgarten bietet viel Möglichkeiten zur ökologischen Aufwertung!
1.3 Bessere Vernetzung für mehr Artenvielfalt
Wusstet ihr, dass die Fragmentierung der Lebensräume, zwischen denen normalerweise Austauschprozesse und Wechselbeziehungen stattfinden, problematisch ist für die Biodiversität? Und ist euch die ökologische Infrastruktur ein Begriff? Nein, es geht nicht um unsere Infrastruktur, sondern um diejenige der Tiere und Pflanzen! Wie der Mensch sind auch Tiere auf eine gute Vernetzung angewiesen, damit die natürliche Dynamik des Ökosystems im Stadtgebiet nicht gestört wird.
Barrieren wie Strassen, Trottoire oder Schachte können für Tiere unüberwindbar und verheerend sein. Eine zu grosse Distanz zu benachbarten Lebensräumen macht die Wanderung dorthin zur Fortpflanzung, Nahrungssuche oder Migration unmöglich. Untereinander vernetzte Grün- und Gewässerräume sowie unversiegelte Böden sind daher äusserst wichtig für die ökologische Infrastruktur. Vernetzungsprojekte im grossen Rahmen werden schweizweit von Gemeinden und Städten durchgeführt. Doch auch ihr könnt euren Beitrag leisten und biodiversitätsfördernde Strukturen einrichten. Aber wie?
2. Siedlungsnatur gemeinsam gestalten!
In der Tat ist hier euer Einsatz gefragt! Nachfolgend findet ihr ein paar Vorschläge für die Einrichtung von Kleinstrukturen, die wertvolle Elemente naturnaher Lebensräume sind:
- Trockensteinmauern statt Betonwände bieten Tieren und Pflanzen Lebensraum wie auch Nistmöglichkeiten und können auch eine überbrückende Funktion übernehmen.
- Kies statt versiegelten Bodens: Solche Flächen bieten wichtige Vernetzungselemente zwischen naturnahen Lebensräumen, nehmen das Regenwasser auf und heizen sich weniger auf als Asphalt!
- Ökologisch wertvolle und alte Strukturen, wie brachliegende Flächen erhalten: Sie entwickeln sich zu einzigartigen Lebensräumen.
- In Vorgärten und Gärten
- Wiesen oder Wiesenstreifen anlegen - die Vorteile könnt ihr oben nachlesen!
- In Ecken, wo es nicht stört: Lasst Holz vermodern! Rund 6‘000 Insekten-, Pilz-, Wirbeltier- und Pflanzenarten in der Schweiz sind von alten Bäumen und totem Holz abhängig. Wow!
- Im Herbst an ungestörten Orten einen Laubhaufen bilden. Igel und Kleintiere finden so in kalten Tagen Unterschlupf und Nahrung.
- Stein- und Asthaufen bieten Schutz für Kleintierarten wie auch Nisthilfen für Brutvögel.
- Natürliche Biotope einrichten! Sogar ein kleiner Miniteich kann einiges bewirken. Und hübsch sieht es auch noch aus!
- Mit einheimischen Blumen und Pflanzen bepflanzte Streifen (Hauswand, Mauern, unbenutzte Beete oder Flächen), dienen als Vernetzung zwischen zwei Bereichen.
- Grüne Fassaden oder begrünte Dächer sind ökologisch äusserst wertvoll!
- Insektenhotels bauen und aufstellen!
Da kommt schon einiges an Aktionen für mehr Biodiversität und nachhaltigere Entwicklung zusammen! Zudem geben zahlreiche Gemeinden und Städte wie auch verschiedene kantonale Fachstellen und Organisationen via Merkblätter und Broschüren weitergehende Tipps für Naturschutz in der Stadt ab. Und auch das Internet ist wie immer eine Goldgrube an Informationen.
Für eine grünere Zukunft
Ja, sogar ihr selbst könnt so einiges tun, um Frei- und Grünflächen biodiversitätsfreundlicher zu gestalten! Und viel einfacher als gedacht, nicht? Vergesst nicht: Jede Tier- oder Pflanzenart hat ihre eigenen Bedürfnisse und spezielle Ansprüche in Bezug auf einen Lebensraum. Daher: Je vielfältiger die Kleinstrukturen und begrünenden Aktionen sind, desto mehr Möglichkeiten für die Artenvielfalt. Motiviert? sont nombreuses. Motivé ?