Lasst die alte Tradition
der Blütenküche
wieder aufleben

Frühlingsduft liegt in der Luft! Grüne Knospen spriessen, Blumen strecken und recken sich und entfalten ihre farbenfrohe Blütenpracht. Die Insekten machen sich an die Arbeit, es summt und brummt wieder überall emsig! Die Natur ist aus ihrem Winterschlaf erwacht. Augen zu und durchatmen: Spürt ihr diese frische Frühlingsbrise? Was für ein wunderbares Gefühl!

Essbare Gänseblümchen

Vielleicht ist diese Renaissance der Natur auch ein guter Zeitpunkt, um eure Kochgewohnheiten zu revolutionieren? Ladet Farben und Natur pur auf euren Teller ein und lasst euch vom Küchentrend mit essbaren Blüten verführen. Denn ein schön angerichteter Teller mit farbenfrohen Arrangements weckt alle eure Sinne! Und die bunte Blütenkost ist nicht nur ein Augen- und ein Gaumenschmaus, sie ist auch gesund, denn sie enthält Vitamine wie auch Mineralien.

Essbare Kapuzinerkresse, Blüten auf einem Brot mit Avocado-Aufstrich.

Die Liste der geniessbaren Blüten ist lang, nur sind viele Sorten im Laufe der Zeit in Vergessenheit geraten. Doch waren früher Rezepte mit Blumen ein selbstverständlicher Teil der Volksküche: Rosenblüten wurden zu Sirup oder Konfitüre verarbeitet oder ganz einfach Getränken zugefügt, aus Löwenzahnblüten entstand feiner Honig, Veilchenblüten wurden kandiert und Holunderblüten in Teig ausgebacken… Was die Natur gerade hergab, wurde verwendet, frisch oder getrocknet. Natürlich war es unumgänglich, sich in der Pflanzenwelt gut auszukennen!

Wusstet ihr, dass wir noch immer mit der grössten Selbstverständlichkeit Blüten oder von Blumen stammende Elemente in unserer Küche verwenden? Gewürznelken zum Beispiel sind getrocknete Blütenknospen eines Baumes, Safran wird aus der Blüte des gleichnamigen Krokusses gewonnen und Kapern sind in Essig, Öl und Salz eingelegte Blütenknospen. Spannend, nicht?

Celia Woëffray hat es zu ihrem Beruf gemacht, kulinarische Köstlichkeiten mit viel gesunden und farbigen Zutaten zu zaubern und kennt sich mit Blüten aus. In ihrem Shop in Vevey spielen neben Gemüse und Früchten aller Art, auch Blumen eine wichtige Rolle in ihrem Gourmetkonzept und machen ihre Rezepte zu einem farbigen Kunstwerk! Sie erzählt uns ihre Geschichte.

Celia Woëffray bereitet für ihr Gourmetkonzept WØFF in Vevey frische Salate zu
Photo@CeliaWoëffray

Woher kommt die Idee, Blumen in Ihren Rezepten zu verwenden?

C.W: Ich bin im Wallis in einem Haus mit einem grossen Gemüsegarten aufgewachsen, in dem meine Familie Gemüse und Obst wie auch essbare Blumen anbaute. Meine Mutter verwendet sie seit jeher als Dekoration für ihre Aperitifs oder andere Gerichte, sie kennt sich aus und weiss, wie gut Blumen auch geschmacklich zu Gerichten passen. Sie machte für uns oft einen farbenfrohen Salat mit vielen Kernen, Borretschblüten und Löwenzahn, der mich geschmacklich und auch optisch geprägt hat. Ich habe diese Tradition weitergeführt.

Essbare Blüten (Kornblumen) aus dem Familiengarten.
Photo@CeliaWoëffray

Es waren also Ihre Wurzeln und Ihre enge Beziehung zur Natur, die Sie zu Ihrem kulinarischen Konzept geführt haben?

C.W: Ja, in der Tat. Als ich mein Konzept erstellte, war es für mich klar, dass Blumen wie auch Gemüse, Salat und Obst darin einen wichtigen Platz einnehmen werden. Ich wollte zudem farbenfrohe, pflanzliche Kost, die sehr ästhetisch wirkt. Ein bisschen wie die Gourmetküche, nur wollte ich, dass meine Gerichte für möglichst viele zugänglich sind. Dazu hat mich auch Kopenhagen inspiriert, wo ich einen Teil meines Studiums absolviert habe. In skandinavischen Ländern gelingt es Restaurants oder sogar einfachen Take-Aways ausserordentlich gut, pflanzliche Kost zu veredeln und sie zur Geltung zu bringen. Das hat mich sehr beeindruckt.

Aufgrund dieser Erfahrung im Norden von Europa wollte ich das Konzept der Feinschmeckerküche und der pflanzlichen Kost noch enger miteinander verbinden. Dem visuellen Aspekt meiner Rezepte widme ich daher viel Zeit und meine Salate, Gerichte, Torten sowie auch Apéro-Buffets sind stets mit essbaren Blüten dekoriert. Sie bringen intensive oder zarte Farben wie auch Eleganz oder gar Fröhlichkeit mit sich. Das ist mir wichtig und die Gerichte werden sofort zu etwas Besonderem!

Frische Blüten im Salat.
Photo@CeliaWoëffray

Sind die Leute überrascht, wenn sie Blumen im Essen entdecken?

C.W: In meiner Verkaufsboutique kann ich die verschiedenen Gewohnheiten beobachten, das ist sehr spannend. Ein Teil der Kunden/-innen rührt die Blumen in den Gerichten, wie zum Beispiel in den Salaten, nicht an. Andere wiederum wissen, dass Blumen essbar sind und schätzen den Geschmack, den sie dem Essen verleihen. Ich habe auch festgestellt, dass die Grösse einen Einfluss auf das Vertrauen und die Lust der Kundschaft hat: Ist die Blume gross, wird sie beiseitegelassen, ist sie klein, wird sie schon eher gegessen!

Wie verwenden Sie Blumen für Ihre Rezepte und was bringen sie kulinarisch?

C.W: Jede Blume hat ihre individuellen Vorzüge, sei es geschmacklich, farblich oder aufgrund ihrer Textur oder ihrem Erscheinungsbild. Holunder zum Beispiel hat ein intensives Aroma und wird oft als Sirup oder Coulis verwendet. Die Holunderblüte verleiht aber auch einem Salat eine sehr interessante Note. Die geschmacklich neutralen Stiefmütterchen eignen sich für den täglichen Gebrauch, sie passen zu allem und sind sehr dekorativ. Eine Blume wie Borretsch harmoniert mit ihrem jodhaltigen, fast gurkenähnlichen Bouquet gut mit Fischgerichten.

Unerwartete Kombinationen können erstaunliche Resultate hervorbringen! Ich persönlich verwende Blüten sowohl für ästhetische wie auch geschmackliche Zwecke, im getrockneten wie auch frischen Zustand. Ich arbeite vorwiegend mit Borretsch, Kapuzinerkresse, Kornblumen, Ringelblumen, Nelken, essbaren Chrysanthemen oder auch Stiefmütterchen. Dies variiert jedoch je nach Saison!

Blütenmischung für eine farbenreiche Dekoration.
Photo@MarieContreras

Zum Abschluss ein Rezept-Tipp mit Blumen für uns?

C.W: Ein interessantes Rezept ist der Chia-Pudding mit Lavendel-Sirup (verwendet echten Lavendel, Lavandula angustifolia). Lavendelblüten enthalten reichhaltige ätherische Öle und wirken beruhigend. Sie verleihen dem Rezept ein unvergleichliches Aroma. Probiert es aus, es schmeckt sehr gut!

Rezept für 4 Personen:
250 ml Kokosnuss-Creme
250 ml Hafer- oder andere pflanzliche Milch
8 EL Chia-Samen
3 EL Ahornsirup

Alles vermischen, 15 Minuten stehen lassen, noch einmal verrühren und über Nacht kühl stellen.

Lavendel-Sirup:
120 g Zucker
150 ml Wasser
9 Lavendelblütenstängel

Den Zucker bei schwacher Hitze langsam auflösen, zum Kochen bringen und nach 5 Minuten vom Herd nehmen. Lavendelblütenstängel 24 Stunden im Zuckerwasser ziehen lassen, dann Stängel entfernen, Sirup abfüllen. Echter Bio-Lavendel (Lavandula angustifolia) ist im Gartencenter - auch in Form von Samen - erhältlich und gedeiht prächtig auf dem Balkon.

Schalen oder Gläser mit der Chia-Mischung füllen und mit dem Lavendel-Sirup übergiessen.
Mit frischen Früchten und essbaren Blüten dekorieren. Guten Appetit!

Herzlichen Dank Celia!
https://woffood.ch
https://www.instagram.com/woff_world.of.fresh.food/

Überzeugt, dass Blüten nicht mehr in eurer alltäglichen Küche fehlen sollten? Dann los geht’s! Doch wo sind die blumigen Zutaten zu finden!?

Unser Tipp: Pflanzt essbare Blumen auf eurem Balkon, eurer Terrasse oder im Garten an! Dank speziellen Samenmischungen für essbare Blüten könnt ihr die feinen Blumen zu Hause säen und habt sie immer zur Hand. Sie verfeinern nicht nur eure Mahlzeiten und sorgen für neue geschmackliche Erfahrungen, auch für Insekten und im Speziellen für Bienen sind sie ein wahrer Segen.

Zauberhafte Borretsch- und Schnittlauchblüten.

Sorten wie Kapuzinerkresse oder Stiefmütterchen sind frisch im Lebensmittelladen erhältlich und viele getrocknete, essbare Blüten in der Drogerie. Je nach Saison werdet ihr auch auf dem Markt fündig. Sind das nicht gute Argumente, euch ans Werk zu machen?

Wichtig: Verwendet auf keinen Fall Blüten, bei denen ihr nicht sicher seid, dass sie wirklich essbar sind! Zudem sollten Blumen, die für die Küche verwendet werden, unbehandelt sein. Daher nicht Blumen am Strassenrand oder auf gedüngten Wiesen pflücken. Und auch nicht in öffentlichen Anpflanzungen!

Braucht es noch einen zusätzlichen Anstoss, um euch mit der Blütenküche anzufreunden, dann hier noch zwei weitere einfache Rezepte mit Blumen. Höchst überzeugend, optisch und geschmacklich!

1. Blütenbutter

Hier ein Beispiel mit Schnittlauchblüten, aber auch andere essbare Blüten wie Gänseblümchen, Löwenzahn-, Thymian- oder Borretschblüten passen. Rezepte findet ihr in Hülle und Fülle im Internet. Ist im Handumdrehen parat und erstaunlich im Geschmack!

Schnittlauchblütenbutter

50 Gramm weiche Butter
1 KL Olivenöl
1 Prise Salz
Ein wenig abgeriebene Zitrone
5-6 Schnittlauchblüten

Blüten kleinhacken und mit der weichen Butter, dem Olivenöl, dem Salz und der Zitrone vermischen, kühlstellen. Die Butter mit frischen Blumen verzieren und mit feinem Brot geniessen. Ihr werdet alle eure Gäste verzaubern!

2. Blüten-Eiswürfel

Kleiner Aufwand, grosse Wirkung! Kinder können hier mithelfen und sich so spielerisch mit dem Blüten-Wissen anfreunden. Sucht zusammen die essbaren Blumen aus, die ihr verwenden wollt. Viel Spass!

Anleitung:

Blüten im halb gefüllten Eiswürfelbehälter zuerst anfrieren, danach mit Wasser auffüllen und wieder ins Gefrierfach legen. Speziell eignen sich zierliche Blüten wie Borretsch, Gänseblümchen, Veilchen aber auch kleine Stiefmütterchen oder Kapuzinerkresse. Optisch ein wahres Highlight!

Eiswürfel mit Schlüsselblumen und Lavendel.

Holt euch mit dem Trend der Blütenküche eine jahrtausendalte Tradition in die Küche! Die farbenprächtigen Blumen bringen Freude und Lebendigkeit in euren Kochalltag. Entdeckt neue Geschmacksnoten und geniesst Natur pur. Ihr, eure Familie wie auch eure Gäste werden begeistert sein!

Torte mit frischen Blumen (Stiefmütterchen)

Der Artikel hat euch neugierig gemacht und ihr möchtet noch mehr wissen? Dann hier unsere Buchtipps:

Ursel Bühring, Blütenküche, Ulmer Verlag, 2021.
Rea Mühltau, Das grosse kleine Buch: Kochen mit Blüten, Verlag Servus, 2017.

Mireille Gayet, Grand Traité des fleurs comestibles, Le Sureau Eds, 2018.
Ursel Bühring, Fleurs comestibles, Du jardin à l’assiette, Éditions du Rouergue, 2023.